Gründung - Wasserbeschaffungsverband Büchlberg - Wasser ist Leben

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Gründung

Gründung der Wassergenossenschaft Büchlberg

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war  Büchlberg ein kleines Dorf in der Gemeinde Leoprechting, das durch den Aufschwung des Granitwerks Kerber zum zentralen Ort der Gemeinde und wie Hauzenberg und Tittling, zu einem wichtigen Standort der Granitindustrie wurde. 1901 wurde hier eine ständige Postagentur und 1909 eine tägliche Autoverbindung mit Passau eingerichtet. 1904 führte die Firma „Gebr. Kerber“ die Bornholmer Steinplattenmaschinen zur Herstellung von Kleinpflastersteinen ein, nachdem sie als erste Firma die Lizenz für Bayern erhalten hatte, um in großen Umfang Städte wie München oder Wien mit Büchlberger Granitprodukten, vor allem Straßenpflaster, zu beliefern. 1909 wurde das Granitwerk elektrifiziert, ein Jahr später Büchlberg mit elektrischem Strom versorgt. Ein Verschönerungsverein machte sich zur Aufgabe die Hauptstraße zu beleuchten.
Am 27. Februar 1912 „erlaubt sich die Vorstandschaft der Wassergenossenschaft Büchlberg, das Protokoll der Versammlung vom 22. Februar 1912 und die genehmigten Statuten zur geneigten Kenntnisnahme einem Kgl. Bezirksamt ergebenst in Vorlage zu bringen.“

(Protokoll über die Gründungsversammlung)

Dieses Protokoll ist einer der wenigen Belege aus der Anfangszeit des Büchlberger Wasserbeschaffungsverbandes. „Zufolge einer Einladung von Seite des Herrn Kommerzienrates Johann Kerber vom 21. II. 1912 fanden sich am Donnerstag den 22. II. 1912 im Eibl’schen Gasthaus nachfolgende Interessenten ein, um über die Gründung resp. Bildung einer Genossenschaft zur Herstellung und Unterhaltung einer Trink- und Nutzwasserleitung für die Ortschaften Büchlberg, Witzingerreut und Praßreut, Gemeinde Leoprechting, zu beraten.

Johann Kerber, Karl Kerber, Pangerl, Erdl, Moser, Kornexl, Pfr. Zacher, Agostini, Jos. Reitberger, Jak. Kremsreiter, Jos. Gastinger, Ottil. Eibl, Josef Sicklinger, Wensauer, Donaubauer, Hasenöhrl Bgmstr., Meisinger.“


Sie berieten die Statuten und wählten Vorstandschaft und Ersatzleute:
„Als I. Vorsitzender:
Hr. Kommerzienrat Johann Kerber in Büchlberg
als II. Vorsitzender:
Hr. Josef Gastinger, Bauer in Witzingerreut
als Schriftführer:
Hr. Georg Erdl, Volksschullehrer in Büchlberg
als Kassier:
Hr. Franz Agostini, Kaufmann in Büchlberg
als 1. Beisitzer:
Hr. Bürgermeister Hasenöhrl in Saderreut
als 2. Beisitzer:
Hr. Josef Pangerl, Gasthofbesitzer in Büchlberg

Als Ersatzmänner: Hr. Pfarrer Zacher, Büchlberg
Hr. Wensauer, Witzingerreut
Hr. Joseph Reitberger, Praßreut
Hr. Georg Meisinger, Büchlberg
Hr. Anton Schmeizl, Büchlberg
Hr. Otto Maier, Praßreut”

Mit diesem Schreiben wurde allmählich die königlich-bayerische Bürokratie in Gang gebracht. Am Ende der Bemühungen der oben genannten Genossen, der Gemeinde Leoprechting, des königlichen Bezirksamts und des königlichen Wasserbureaus in München sollte am 27. Januar 1913 die Genehmigung zur Gründung der Wassergenossenschaft stehen.

Immer wieder führten große Dürreperioden zum Versiegen der Quellen, zu Wassermangel und zu Ernteausfällen. Die Monate Juni, Juli und August des Jahres 1911 waren extrem heiß und in vielen Ortschaften kam es zu Futternot und Wassermangel. In Bittgängen wurde um „ersprießlichen Regen“ gebetet, wie es in einem Gebetbuch aus dem Jahr 1910 heißt: “Barmherziger Gott und Vater, verderbliche Trockenheit und Dürre herrscht in der ganzen Natur, und Menschen, Vieh und Pflanzen schmachten nach dem Wasser des Himmels . . . O sammle, Allgütiger, und erschließe die Wolken, damit bald herabströme ein erquickender und fruchtbringender Regen.“ Während 1911 ein sehr trocken-heißes Jahr mit erheblichen Ernteausfällen war, regnete es 1912 viel und die Pfarrchronik weiß von einem fruchtbaren Jahr zu berichten: „Es regnete viel und Ende August stand der Hafer noch auf den Feldern.“

In diesem Jahr ergriffen die Hutthurmer die Initiative und bauten eine Wasserleitung vom Quellgebiet Steinberg über Wotzing, Nirsching, Obermühle, zum Wassermessschacht bei Witzingerreut und über Saderreut, Gutwiesen, Kringell bis zum Hochbehälter Hutthurm und Brennschinken. Da bot sich natürlich an, dass sich 1912/1913 Ortschaften der damaligen Gemeinde Leoprechting an das Hutthurmer Netz anschlossen. Von den Grabungsarbeiten existiert noch ein schönes Bild, das mit freundlicher Genehmigung der Gemeinde Hutthurm hier zur Verfügung gestellt wurde.

Foto: Gemeinde Hutthurm
Akkordarbeiter beim Bau der Wasserleitung Steinberg  - Hutthurm 1912/1913            Foto: Gemeinde Hutthurm

Von den bescheidenen Anfängen bis  zur alles entscheidenden „Tagfahrt“ im Herbst 1912 gab es viel bürokratisches Hin und Her. Da war es schon ein Fortschritt, dass mit dem Schreiben vom 23. April 1912 das k. Bezirksamt mitteilt, dass „die Eingabe vom 23. Februar 1912 . . . als Antrag auf Bildung dieser Genossenschaft erachtet wird.“  Die Genossenschaft sollte aus den Eigentümern der Grundstücke gebildet werden, für welche die geplante Wasserversorgungsanlage „eingerichtet wird, z.B. durch Aufstellung von Brunnen, Anbringung von Hydranten, durch Anschlüsse von Haus- und Gartenleitungen etc.“ Nicht eingeschlossen waren dagegen „jene Grundstücke, welche nur den Zwecken der Fassung, Förderung, Sammlung u. Leitung des Wassers“ dienten, also „der Grundstücke der etwa errichteten Pumpstation, des Hochreservoirs, der Rohrleitung etc.“ Natürlich mussten neben Zeichnungen, Beschreibungen und Lageplänen für die Wassergewinnungsstelle und die Leitungen und Auffangstellen für Abwasser  auch ein Kostenvoranschlag sowie ein Verzeichnis der Grundstücke der Aktiv- und Passivbeteiligten vorgelegt werden. Ein Teil der geforderten Belege lägen bereits dem kgl. Bezirksamt vor, schreibt Johann Kerber in seinem Antwortschreiben. In einer Notiz des kgl. Bezirksamts von 25. Juni heißt es, Kommerzienrat Kerber habe „persönlich mit Verfügung vom 23. April 1912 eingeforderte Unterlagen, gefertigt vom k. Wasserversorgungsbureau München, übergeben und um moeglichst baldige Anberaumung der Tagfahrt“ ersucht.

Kommerzienrat Kerber, die treibende Kraft der Genossenschaft

 die treibende Kraft in der Wassergenossenschaft Büchlberg
Kgl. Kommerzienrat Johann Kerber (1858 – 1915),
die treibende Kraft in der Wassergenossenschaft Büchlberg

Überhaupt scheint aus den wenigen vorhandenen Dokumenten der Kommerzienrat die treibende Kraft des Verbandes gewesen zu sein, denn immer wieder wird in Aktennotizen auf seine Vorsprachen verwiesen, bei denen er „mit Rücksicht auf den zu erbittenden Staatszuschuß den Wunsch geäußert hat, dass die Genossenschaft moeglichst bald gebildet werden möge.“ Als Leiter der „Johann Kerber & Co, der Spiritusbrennerei und Molkerei Büchlberg“ musste er sicherlich auf eine konstante Wasserversorgung bedacht sein. Nun waren schon einige Kosten angefallen, aber der erbetene Zuschuss von der Landeskulturrentenanstalt ließ auf sich warten. Da beschloss der Wasserversorgungsausschuss bei der Sitzung im „Eibl’schen Gasthause“, den Darlehenskassenverein Leoprechting um ein vorläufiges Darlehen von 1000 Mark „zur Bestreitung der dringendsten Ausgaben“ zu ersuchen.
Das reichte noch lange nicht, denn die Arbeiten am Hochbehälter hatten bereits begonnen und die Bauunternehmer Haböck und Stadler stellten für ihre Bauarbeiten 6000 Mark in Rechnung. Abermals wurde an den „Darlehenskassenverein Büchlberg das Ersuchen gestellt, der Wassergenossenschaft Büchlberg ein Darlehen von 6000 Mark vorzustrecken, bis das erbetene Kapital von der Landeskulturrentenanstalt eintrifft.“
Aber die Obrigkeit ließ sich nicht zu einer schnelleren Bearbeitung erweichen. Mit der von den Büchlbergern gewünschten entscheidenden Tagfahrt mit Vertretern des kgl. Bezirksamts und dem Wasserversorgungsbureau München wurde es so schnell nichts, denn „zwischen dem Ausschreiben im Amtsblatte und der Tagfahrt gemaeß Art. 181 Abs. III des Wassergesetzes“ musste eine Frist von mindestens drei Wochen liegen. Aber es kam noch schlimmer, denn der bezirksamtliche Sachreferent trat „in der naechsten Zeit seinen ordentlichen Urlaub an und somit werde eine Tagfahrt vor September sich kaum ermoeglichen lassen“. (Gesprächsnotiz des k. Bezirksamtes v. 2. Juli 1912)
So gab es noch viele Hürden auf dem Weg zur Genehmigung des Vorhabens. Die vorgeschriebene Einvernahme der Messungsbehörde und des Rentamtes „verursachte „weitere Instruktionsverhandlungen.“ Dann gab es Unklarheiten bei den Eigentumsverhältnissen. Nach amtlicher Aufforderung beschloss die Kirchenverwaltung Büchlberg am 22. September 1912, „den Vorstand der Kirchenverwaltung, Pfarrer Zacher, als Stellvertreter und Bevollmächtigten bei der Bildung der Wasserleitungsgenossenschaft“ aufzustellen.

Bezirksamtliches Fuhrwerk für den Herrn amtlichen Sachverständigen

Dann überstürzten sich die Ereignisse. „Im Interesse einer vereinfachten Geschaeftsverhandlung“ sollten die Ehefrauen veranlasst werden, ihren Ehemännern „Vollmacht zur Vertretung in der Angelegenheit: Gründung einer Genossenschaft zur Herstellung und Unterhaltung einer Trink & Nutzwasserleitung für die Orte Büchlberg, Witzingerreut und Praßreut“ zu erteilen. (Schreiben des Bezirksamts Passau v. 28. August 1912). Mit demselben Schreiben wurde die Gemeindebehörde Leoprechting aufgefordert, im „Pangerl’schen Gasthaus einen geeigneten Raum für die Versammlung“ zur Verfügung zu stellen, denn die „Tagfahrt zur mündlichen Verhandlung über den Antrag auf Gründung einer Wassergenossenschaft“ war für den 25. September, mittags 12 Uhr im „Pangerl’schen Gasthause“ festgesetzt worden. Für den „Herrn amtl. Sachverständigen“ sollte „das bezirksamtliche Fuhrwerk . . . zur Mitbenützung zur Verfügung“ stehen.
Endlich war er gekommen, der große Tag, an dem die Tagfahrt mit den Verhandlungen über die Gründung der Wasserversorgungsgenossenschaft stattfinden sollte. Es wäre natürlich interessant gewesen zu erfahren, was da diskutiert wurde, welche Argumente von den Beteiligten vorgebracht wurden und welche Einwände es gab. Doch nichts dergleichen. Es existiert nur die Kopie eines Blattes als „Zusatz, mitgeteilt a. K.Bez.A. Passau“. „Bei der Tagfahrt am 25. Sept. 1912 fand auch unter anderem die Wahl der Vorstandsmitglieder und Ersatzleute betr. Wassergenossenschaft statt.“ Die Liste der gewählten Vorstandsmitglieder entspricht der vom 22. Februar 1912. Für Josef Pangerl kam Bauer Max Ruhmannseder, Praßreut, als 2. Beisitzer in die Vorstandschaft. Dass aber diese Veranstaltung  erfolgreich war, zeigt die Erteilung der Genehmigung durch die königlich-bayerische Regierung vom 27. Januar 1913.

Vertrag zwischen der Wassergenossenschaft und der Gemeinde Hutthurm

Möglicherweise ist der Vertrag zwischen der Gemeinde Hutthurm und der jungen Büchlberger Wassergenossenschaft zur Sprache gekommen, denn auf der Ausschusssitzung vom 24. Februar 1913 wurde bestimmt, dass für die Festsetzung des jährlichen Wasserverbrauchs „der heurige Wasserverbrauch ungefähr das Quantum für die definitive Festsetzung im Vertrags-Entwurf bilden“ solle. Nach diesem Vertrag verpflichteten sich die Büchlberger zu einem „täglichen Wasserbezug von 40 cbm oder zur Vergütung dieses täglichen Mindestbezugs. Darüber hinaus richtet sich die Wasserentnahme durch die Genossenschaft nach dem jeweiligen Bedürfnis, ohne dass eine gewisse Höchstgrenze festgesetzt wird. . . . Die Genossenschaft zahlt als Gegenleistung für das bezogene Wasser
1.) 800 M Grundgebühr für einen Verbrauch von zu 14600 cbm (gleich 40 cbm täglich), ohne Rücksicht auf einen etwaigen Minderverbrauch.
2.) Für jeden cbm Mehrverbrauch von 14800 bis 20000 cbm jährlich 4 Pfennig u. über 20000 cbm:  3 Pfennig. . . .
7.) Jeder Vertragsteil verpflichtet sich, alle in seinem Verfügungsbereich eingetretenen Störungen sofort abzustellen u. alle etwa nötigen Unterbrechungen der Wasserzufuhr auf möglichst kürzeste Zeit zu beschränken. Für etwa entgehenden Wasserbezug infolge von Leitungsfehlern, Ausbesserungen, Prüfungen usw. übernimmt die Gemeinde Hutthurm keine Haftung . . .
9.) Tritt infolge von Trockenheit oder aus sonstigen vorübergehenden Gründen ein Mangel an Wasser ein, so ist die Gemeinde Hutthurm berechtigt u. verpflichtet, Schutzmaßnahmen im Verhältnis des festgestellten beiderseitigen Verbrauchs zu treffen. . . .
10.) Ergibt sich, dass die vorhandenen Quellen den beiderseitigen Wasserbedarf auf die Dauer nicht mehr zu decken vermögen, so hat die Gemeinde Hutthurm durch Beileitung weiterer geeigneter Quellen solange für Ersatz zu sorgen, als das Fassungsvermögen der Leitung eine Vermehrung der Wasserzuführung gestattet . . .
11.) Die Gemeinde Hutthurm verpflichtet sich, der Genossenschaft das Wasser nach Maßgabe dieses Vertrages zu liefern u. für jeden Fall einer eigenmächtigen oder sonst wie schuldhaften Verletzung dieser Verpflichtung an die Genossenschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von 30 Mark pro Tag zu zahlen.“
Diese Vertragsbestimmungen kamen sicher zur Sprache, als es zu Unstimmigkeiten zwischen den Hutthurmer und Büchlberger Wasserbehörden Mitte der zwanziger Jahre kam.
In die schwierigen Anfangsjahre des Wasserbeschaffungsverbandes fällt auch der Ausbruch des 1. Weltkriegs am 1. August 1914, der auch an den Mitgliedern nicht spurlos vorüberging. Unmittelbar nach Kriegsausbruch wurden ebenso rücksichtslos wie wahllos die wehrfähigen Männer einberufen. Auf der Höhe der Erntezeit fehlten der Landwirtschaft zwei Drittel bis drei Viertel der Arbeitskräfte. In der Landwirtschaft breitete sich, begünstigt durch anhaltend feucht-warmes Frühsommerwetter, der Krautfäulepilz auf den Kartoffelbeständen aus und vernichtete noch vor der Blüte nahezu die gesamte Kartoffelernte 1916. Auf den frei gewordenen Flächen wurden nur noch Steckrüben angebaut, die im Winter 1916/1917 die Kartoffeln als Grundnahrungsmittel ersetzen mussten. Die einseitige Ernährung in der Zeit der größten Agrarkatastrophe in der neuen deutschen Geschichte schuf die Grundlage für den „Grippewinter“ 1917/1918, der sich in den Sommer hineinzog und mit Epidemien und einer steil ansteigenden Sterblichkeit der Bevölkerung, vor allem unter den Kindern und älteren Menschen, verbunden war. In dieser Zeit, in der viele Menschen von großen Sorgen geplagt wurden, galt es, die Wassergenossenschaft am Leben zu erhalten.
Die Wassergenossenschaft bestand erst seit drei Jahren, als am 14. Mai 1915 der 1. Vorstand der Genossenschaft, Johann Kerber, im Alter von 57 Jahren verstarb. In der Folgezeit dürfte sie von Josef Gastinger geführt worden sein, bis am 16. April 1916 im Gasthaus Otto Meier in Praßreut eine neue Vorstandschaft gewählt wurde. Erster Vorstand wurde Josef Gastinger, Friedrich Fisch wurde sein Stellvertreter. Neu in die Vorstandschaft wurde Falkner Paul aus Büchlberg als 2. Beisitzer gewählt. Bei den anderen Vorstandsmitgliedern und den Ersatzleuten gab es keine Änderung.

Die Wassergenossenschaft in der Krise


Herrschte bei der Gründung und der Genehmigung der Genossenschaft große Euphorie, sollten sich bald Unstimmigkeiten unter den Mitgliedern ergeben, vor allem, wenn es ums Geld ging. Da glaubte so mancher Wasserabnehmer, bei der Wasserrechnung ungerecht behandelt worden zu sein. Jedenfalls scheint der bisherige Wasserpreis nicht kostendeckend kalkuliert gewesen zu sein, denn bereits am 16. April 1916 wurde eine Änderung des Wasserzinses notwendig. „Nachdem die Einnahmen aus dem Wasserzins (1050 M) zur Bestreitung der Ausgaben Zinsen der Kulturrentenanstalt 1365 M, an Hutthurm 600 M) nicht reichen, wird der Wasserzins wie folgt festgesetzt:
Bei Entnahme v. bis zu 100 cbm =   15 M
v. 100 – 200 cbm = je cbm 15 Pf
v. 200 – 300 cbm = je cbm 13 Pf
v. 300 – 400 cbm = je cbm 10 Pf
Zugleich wird zur Tilgung der Schulden (3000 M) von jedem Wasserabnehmer 5 M eingehoben.“

Große Schlamperei!

Es dauerte nicht lange, bis die ersten Beschwerden eintrafen. Aber nicht nur wegen dieser Sonderabgabe, sondern auch wegen des neuen Wasserzinses, welcher der finanziellen Lage entsprechend angehoben werden musste. Im November 1917 wandten sich dreizehn Genossenschaftsmitglieder aus Witzingerreut und Praßreut mit der Bitte an das Bezirksamt als Aufsichtsbehörde der Genossenschaft  „um möglichst baldige Abstellung der Missstände, welche schon seit der Gründung der Genossenschaft anstehen und mit der Zeit immer größer geworden sind, so dass sich niemand mehr auskennt in der Verwaltung.“ Es seien bereits fünf Jahre seit Bestehen der Genossenschaft vergangen und kein Mitglied habe „Statuten in Händen und somit auch keine Abschrift aus Verträgen und nicht einmal eine endgültige Abrechnung der Baukosten.“ Von einer „großen Schlamperei“ war die Rede, „gleichfalls wurde auch mit dem Geldaufnehmen und dem Auszahlen schlampig umgegangen.“ Die dreizehn Unterzeichner verlangen nur, dass die Sache einmal amtlich geprüft wird und dass ein jedes Mitglied seinen . . . Betrag zum Zahlen ortnungsgemäß  zudiktiert bekommt.“ Sie seien entschlossen, solange die Zahlungen zu verweigern, bis „Ortnung hergestellt ist . . .“ Offensichtlich brachte sie der Erhalt des Wasserbescheides in Rage. Danach hätten sie insgesamt jährlich 12,50 M (7,50 Wasserzins + 5 M Schuldentilgung) zu zahlen gehabt. Das war in ihren Augen zu viel.

Kassier zum Heer eingerückt

Der bisherige 2. Vorsitzende Josef Fisch, der jetzt offensichtlich die Genossenschaft führte, rechtfertigte sich in seiner Antwort an das Bezirksamt: „. . . Am 1. Februar erhielten wir die v. der Kgl. Regierung genehmigten Satzungen durch das Kgl. Bezirksamt zugeschickt . . . und jeder Genosse hatte v. jeher das Recht, dieselben beim Schriftführer in Augenschein zu nehmen, wie es § 10 d. Satzg. bestimmt. Dieselben jedem Genossen offen in die Hand zu geben oder heraus zu geben, ist, wie allgemein bekannt, nicht ratsam. In der gleichen Weise konnte auch von den Beschlüssen Einsicht genommen werden, bis heute ist aber noch kein Genossenschaftsmitglied mit diesem oder ähnlichem Verlangen zum Schriftführer gekommen.
Die Zusammenstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben und Einnahmen bei der Aufführung der Leitung konnten in letzterer Zeit erst definitiv zusammengestellt werden, da die Genossenschaft seit 1914 mit dem Bauunternehmer Haböck-Passau in Prozeß steht u. der Kassier ebenfalls seit 1. Okt. 1916 zum Heere eingerückt ist.


So wurde 1913 der Wasserzins berechnet

Zum Geldaufnehmen waren wir gezwungen vom Beginn des Baues an, da uns kein anderes Mittel zu Gebote stand, um die angewiesenen Rechnungen und Forderungen begleichen zu können. Die vorhandenen Belege u. das Sparkassenbuch des hiesigen Darlehens-Kassenvereins, sowie der Vorbericht der beiliegenden Rechnungsstellung gibt nähere Begründung u. Aufschluß, da der eingehende jhrl. Wasserzins v. 1000 – 1100 M zur Deckung der sich stets wiederholenden Ausgaben im Jahr:
1) Tilgung der Kulturrente im Betrag v. 1365 M
2) Zahlung des Wasserzinses an Hutthurm v. 600 M
ganz abgesehen von den noch an den Darlehensverein Leoprechting schwebenden Schulden, nicht ausreicht, u. auch seit Bestehen der Genossenschaft jeglicher Zuschuss der Gemeinde Leoprechting fehlt, sah sich der Genossenschafts-Ausschuss zu den im Protokollbuch gefaßten Beschluß vom 5. Februar 1918 gezwungen.
Sollte uns das Kgl. Bezirksamt als Aufsichtsbehörde ein anderes Mittel oder einen passenderen Ausweg empfehlen können, wäre unterfertigter Genossenschaftsausschuß sehr dankbar.
Den Vorwurf der Schlamperei weisen wir auf das Entschiedenste zurück, nicht wir haben uns schlampig gezeigt, sondern diejenigen, welche seit 1. Okt. 1915 ihre Verpflichtung zur Zahlung  nicht nachkommen, obwohl es ihre Pflicht gewesen u. seit dieser Zeit öfters als einmal gemahnt wurden; interessant ist es deshalb, daß diejenigen, welche peinliche Ordnung wünschen, andern durch ihre Pflichtvergessenheit die größte Unordnung bereiten.

Ausschuß der Wassergenossenschaft Büchlberg,
am 10. Febr. 1918, Friedrich Fisch, Franz Agostini, Erdl, Schriftführer“

Da sollte aber noch einige Arbeit auf den Vorstand zukommen, denn im Schreiben des Bezirksamts von 25. 3. 1918 wurde Bürgermeister Hasenöhrl gebeten, die Leitung der Genossenschaft zu einer Erklärung aufzufordern, welche die „Abstufungen in der Erhebung des Wasserzinses (7,50 M, 15 M, 22,50 M etc.) erläutert . . .“
Tatsächlich waren je neu angefangene 100 cbm 15 Mark zu entrichten, ganz gleich, ob 101 cbm oder 199 cbm, heißt es in einem von Friedrich Fisch unterschriebenem Schreiben. Weiter schreibt er an das Bezirksamt: „Die Abstufungen v. 7,50 M, 15 M, 22,50 M erklären sich in der Weise, daß der betreffende Abnehmer im I. Halbj. nicht od. nur ganz minimal über 50 cbm, also die Hälfte des festgesetzten Quantums v. 100 cbm erreicht od. hinüber gekommen ist, deshalb zahlt er für I. Halbj. 7,50 M; für Abnahme v. mehr als 50 cbm – 100 cbm zahlt er 15 M; für Abnahme v. 100 - 150 cbm 15 M + 7,50 M = 22,50 M, für mehr als 150 cbm hat er 2 Anteile = 2 * 15 M = 30 M zu entrichten. Bis jetzt wurde diese Übung in der Fortsetzung des Wasserzinses auch stets befolgt; . . .“
Peinlich genau musste der Wasserzins für jeden Abnehmer nachgerechnet werden. Für uns heute sind die damals verbrauchten jährlichen Wassermengen und die Preise interessant. Ein Auszug aus dem Wasserbescheid von 1913 ist hier abgedruckt. Bei der ganzen Rechnerei kam lediglich heraus, dass „beim Wasserabnehmer Pangerl um 7,50 M zu wenig u. bei Johann Kerber um 7,50 M zu viel berechnet u. einkassiert wurde.“

....den hochwohlgeborenen  Assessor erinnern
Aus den dem Verfasser vorliegenden Unterlagen kommt zum Ausdruck, dass die Vorstandschaft den Wasserpreis in der Notzeit des zu Ende gehenden Krieges so niedrig wie möglich halten wollte. Aber da waren halt die Festbeträge, die an den Hutthurmer Wasserverband geleistet werden mussten; die Tilgung der „Kulturrente“ und die Rückzahlung der Schulden an den Darlehensverein Leoprechting. Aber auch die Zahl der Mitglieder wuchs nur langsam, und selbst die Mitglieder gingen sparsam mit dem „teuren“ Wasser um und bevorzugten das kostenlose Wasser aus dem Grand im Hof. Kein Wunder, dass es der Vorstandschaft schwer fiel die Finanzen in Ordnung zu bringen. Zur Sanierung der Genossenschaft suchte sie Rat beim kgl. Bezirksamt. Aber der Rat ließ auf sich warten. Da erhielt Lehrer Erdl den Auftrag, den „Herrn Assessor“ schonend daran zu erinnern, dass die Büchlberger dringendst auf seinen Rat warteten.

Büchlberg 12. März 1919


Eu. Hochwohlgeboren!
Sehr verehrter Herr Assessor!
Verzeihen Eu. Hochwohlgeboren, wenn wir Sie, in dieser für Sie so arbeitsreichen Zeit, mit einer Bitte wieder belästigen müssen.
Wir sind davon überzeugt, daß Herr Assessor, den Besuch, den die Wassergenossenschaft Büchlberg im Januar dieses Jahres machte, nicht vergessen haben, doch dringlichere dienstliche Arbeiten werden es Eu. Hochwohlgeboren unmöglich gemacht haben, den erbetenen Aufschluß erteilen zu können.
Sollten für Herrn Assessor wieder ruhigere Tage kommen, so bitten wir gütigst, uns nicht vergessen zu wollen.

             Hochachtungsvollst
             Wassergenossenschaft Büchlberg“


Die Erinnerung hatte gewirkt. Nach zwei Wochen kam der „Aufschluss“ des hochwohlgeborenen Assessors. Natürlich sei u. a. der nicht kostendeckende Wasserzins von der Vorstandschaft zu erhöhen. „2) Weigern sich einzelne Genossen, dem Beschluß der Vorstandschaft nachzukommen (s. Ziff.1), so richtet sich das weitere Verfahren nach Art. 126 W.G.: Beitreibung der rückständigen Leistungen. . . . 4) Die Gemeinde als solche kann nur dann zur Beitragung eines Zuschusses oder zur regulären Beitragszahlung herangezogen werden, wenn sie Mitglied wird. (Es ist also zu prüfen, oben gemeindliche Grundstücke einbezogen sind). Es handelt sich hauptsächlich darum, ob das gemeindliche Schulhaus, öffentliche gemeindliche Anlagen u.s.w. insoweit an dem Wasserleitungsunternehmen teilnehmen, daß die bezeichneten Anstalten das Wasser davon beziehen; dies gilt auch hinsichtlich der Straßenbesprengung („sog. Aufspritzen“) der Gemeindewege und Ortsstraßen.“ Bis zum 1. Juni wollte er Rückmeldung über die getroffenen Maßnahmen haben.
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